In drei Tagen nach Israel

Ich habe entschlossen, den Israelischen Markt für meine Flöten zu öffnen. Deshalb reise ich nach Israel, um dies zu erkunden. Vielleicht ist das Wort Markt eröffnen nun doch eine Nummer zu groß für meinen Shop, aber es ging mir bei meinen Flöten stets darum, Kulturen zusammenzubringen. Als nun ein Deutsch-Ägypter ist halt Israel zweifelsohne die Kontrastkultur welcher ich meine orientalischen Flöten anbieten möchte. Es gibt hierzu aber auch eine persönliche Geschichte, die ich mit euch hier teilen möchte.

In den letzten Jahren habe ich einfach entschieden, entschieden gegen Vorurteile zu gehen. Deshalb dachte ich, mich an der eigenen Nase zu fassen. Ich bin größtenteils in Ägypten sozialisiert worden, zwar in einer multikulturellen Gruppe, aber man kann den Medien und der gesamten Gesellschaft nicht entfliehen. Der Jude galt und gilt als Beleidigung. Alle Juden sind Zionisten, welche nur ein Ziel haben, die Muslime zu zerstören und ihr Land zu berauben usw. So zumindest der Mainstream.

Natürlich kann man behaupten, dass wir Krieg hatten und daher die Ressentiments so stark waren, doch es lag mehr darin. Auch wenn heute versöhnliche Klänge auftauchen so ist der Mainstream fürchterlich Judenfeindlich. In den Diskussionen kommt dann stets der Script: “Wir haben nichts gegen Juden, nur gegen Zionisten”, doch in der Realität sieht es anders aus. Da erlaubt sich etwa ein Programm wie die versteckte Kamera einen Plot zumachen. Prominente werden eingeladen in ein Interview und wissen nicht, dass es ein israelischer Sender sein soll. Natürlich ist er es nicht, aber der Trick liegt darin, so zu tun als wäre es einer, aber wie so die Juden sind (!) haben die das verborgen. Es geht also darum zu sehen, was der Prominente machen wird, wenn er erfährt, dass er gerade mit Israelis ein Interview führt.

Abgesehen davon, dass es beschämend ist, wie die aufspringen und brüllen und aggressiv werden, werden die Prominente dadurch beurteilt, wie sehr sie ablehnend sind und sich theatralisch weigern weiter daran teilzunehmen.

Das ist Antisemitisch, denn es geht hier nicht um die Politik Israels oder dem Netenjahu. Es geht einzig und alleine darum zu sehen, ob dieser Prominente den Arsch in der Hose hat sich nationalistisch gegen den bösen Jud zu wehren.

Das ist dann eine Fernsehsendung welche Mensche anschauen und sich amüsieren. Da mag man noch so lange plappern, dass man zwischen Zionismus und Judentum differenziert. Auf dem Boden der Realität muss jeder Jude sich dort tarnen und verstecken.

In einer anderen beschämenden Sendung verkleidete eine Person sich als orthodoxer Jude. Der Mensch wurde von wenigen geraten sich zu verstecken, einige haben versucht ihn zu schützen. Doch der aggressive Mob war beängstigend und könnte im besten Fall mit schlimme Körperverletzung geendet sein.

Alles kann man in YouTube sehen. Mir wurde als Kind solange erzählt, dass die Israelis Matchbox-Autos (kleine Spielautos) mit Explosiven Mittel befüllten und vom Himmel mit Fallschirmen auf uns fallen ließen, bis ich glaubte, dass ein verletzter Nachbar nur durch so eine böse Bombe verletzt sein konnte.

Das war meine Realität! Was soll ich da schön reden?

Ich fand es schon als Jugendlicher beschämend, aber natürlich hat man durch so eine Sozialisation einiges übernommen. Also ging ich vor 4 Jahren einfach in einige Synagogen und hörte gut zu. Ich wurde mit Liebe und Freude aufgenommen. Habe so viele Shabbats mitgemacht, dass ich mich schämen muss. Als Heranwachsender erinnere ich mich, wie ein Imam nach einem Blutbad des Terroristen Baruch Goldstein, welcher 29 Muslime beim Beten in Jerusalem und 150 tötete. Da rief der Imam in der Mustafa Mahmoud Moschee: “Oh Gott, lass ihre Frauen Witwen werden, ihre Kinder Waisen” und viele solche schreckliche Wünsche. Mir wurde fürchterlich schlecht. Ich hatte aber nicht den Mut aufzustehen und zu sagen, dass er undifferenziert ein ganzes Volk verflucht. Ich sah dass ein paar wenige Erwachsene aufstanden und gingen. Die große Mehrheit, mich inklusive, verstummte. Einige Gesichter waren auch schockiert, doch die Meisten sagten nach jedem Ruf “Amen” egal ob sie verstanden was das gesagt wird oder nicht.

Hier kam ich also 2013 in eine Predigt von Ben-Chorin. Es war gerade ein Massaker geschehen. Palästinenser hatte drei Siedler getötet und diese hatten einen Palästinensischen Jungen dann verbrannt, lebendig.

Der Mann predigte, dass Rache falsch sei. Er sagte, dass er selbst vom Krieg noch Blut an den Händen hat und es für die Leute nicht wünscht. Dass er selbst mit dieser Schuld fertig werden muss. Er sagte, dass es nicht sein kann, dass ein palästinensischer Junge bestraft wird. Einer im Raum murmelte “doch”. Aber das war nur einer, zumindest hörte ich nur einen. Ben Chorin fuhr fort im Gebet. Aus dem Gebetbuch las er vor, wir lasen mit. Und dort war eine Passage, wo der Frieden für Beni Israel gewünscht wird. Ben Chorin passte es an und wünschte Frieden für Ben Yisrael und den Palästinensern.

Ich war einfach geschockt! Ein absoluter Widerspruch zu diesem hässlichen Imam damals.

Ich bin auch nicht naiv. Ja natürlich gibt es radikale Juden, etwa die Hilltop Judend, welche aktiv Palästinenser terrorisieren. Ich weiß, dass es auch sicher den einen oder anderen Imam gibt, der differenziert. Doch wer YouTube heute anschaut sieht tausende hetzende Prediger, welche nicht differenzieren. Sie sind blind. Sie sehen nicht dass israelische Ärzte hunderte und hunderte von Syrern gerettet haben. Dies wobei Syrien und Israel deklarierte Feinde sind. Sie sehen nicht, dass selbst Hamasmitglieder zur Behandlung in ihre Krankenhäuser kommen.

Der Untergang vieler Arabischer Länder liegt nicht daran, dass ihre Politiker korrupt sind, es liegt nicht daran, dass man ohne Bestechung nichts machen kann, es liegt nicht daran, dass der Islam von seiner Spiritualität ausgehöhlt worden ist und nur noch als ein Set von Dogmen vermittelt wird, es liegt nicht daran, dass die Eltern ihre Kinder zum Spielen auf die Straße senden, oder vor die Kiste setzen, um ihre Ruhe zu haben, es liegt nicht daran, dass sie nichts schaffen. Es liegt einzig und alleine daran, dass Israel in der Gegend ist!

Wie armselig. Ein Prediger in Österrich Adnan Ibrahim, der es wagt die Dinge beim Namen zu benennen hat eine Studie mal repräsentiert. Der Name ist mir entfallen. Doch in der Islamischen Welt mit 70 Ländern ist die Summe der wissenschaftlichen Autoren 3000 von 350.000 in der Welt gewesen. Dagegen hat das Land Israel welches so groß ist wie ein Gau in Ägypten 6500 Publikationen im selben Jahr gehabt.

Israel ist nicht schuld an dem Untergang der Muslime, sondern die Muslime selbst. Dies wobei der Koran sagt: “Gott ändert nicht ein Volk, bis sie (die Menschen) in sich selbst ändern”. Und doch suchen alle den schuldigen Zionisten Juden!

Ich hab es satt!

Daher hatte ich entschieden Hebräisch zu lernen und wurde belohnt. Ich habe tolle Menschen kennengelernt. Ja natürlich gibt es auch schreckliche Juden, wie auch schreckliche Buddhisten oder Christen. Aber ich habe mehr gute Menschen als Böse kennengelernt. Ich wage es zu sagen, und das ist keine Floskel, einer der Menschen die ich am meisten liebe ist ein bekennender Jude. Ich freue mich auf seinen Besuch und wenn er uns ein Tischgebet sagt. Ich vertraue ihm mehr als hunderte Menschen die ich im Leben kennengelernt habe.

Als ich nach der Predigt mich dem Rabbi Ben-Chorin vorstellte und er erfuhr, dass ich aus Ägypten kam. Umarmte er mich auf Anhieb und konnte sich schwer fassen. Er sprach etwas Arabisch und sagte aufgeregt, dass er mit Palästinensern aufgewachsen war. Er war im Krieg in Ägypten. Er lud mich zum Shabbat Essen ein. Ich bin diesem Menschen so dankbar. Er hat mir eine ganze neue Welt eröffnet. Man stelle sich doch nur vor, was wäre wenn er nicht so weltoffen wäre. Hätte ich mich in meinen Vorurteilen bestätigt gefühlt?

Nun habe ich also 250 Seiten in meinem Assimil Hebräisch Buch fertig und belohne mich mit einer Reise ins heilige Land. Es ist für mich mehr als eine Tourismustour. Es ist eine Reise für meine Seele. Eine Reinigung von Ballast an Vorurteilen und Blödsinn, denn man mir eingepeppelt habe.

Ich werde meine Freundin Zsuzsi und ihre bezaubernde Enkelkinder besuchen, ich werden bei einer Musikerin in Tel Aviv bleiben und einen Kollegen besuchen. Ein so netter Mann, dass ich es einfach bereue nicht früher diesen Schritt gemacht zu haben.

Ich kann jedem Raten sich von Vorurteilen weitestgehendst zu befreien. Denn sie benebeln unsere Wahrnehmung, schließen uns von möglichen Bekanntschaften aus und machen uns dumm.

Und dann entdeckte ich durch ein DNA Test auch noch, dass von meinen 20% ethnischem Nordafrikanisch (Ich bin überwiegend Europäisch) tatsächlich 13% Sepharden waren. Was für ein Streich. Ich rief meine Cousins in Ägypten an und sagte, wenn ich von meinen 20% Nordafrikanisch über die Hälfte Jüdisch bin, dann müsst ihr, die keine Europäische Mutter oder Asiatische Großmutter habt über 80% jüdisch sein. Ibrahim sagte, dass er der Sache nachgeht. Und siehe da. Unsere Wurzeln waren tatsächlich aus einem jüdischen Dorf. Es wurde eh gemunkelt über unsere Familie, da die überwiegende Mehrheit heller ist und grüne oder blaue Augen hat.

Ich freue mich auf meine Reise und habe einige Flöten für meine israelischen Freunde gebaut. Wer will, kann dann hier lesen was ich so erfahre und wie ich mich dabei fühle.

Shalom Chaverim