Die Bezeichnung Shakuhachi
Shaku-Hachi ist eigentlich eine Maßangabe des alten Chinas. „Shaku“ entspricht einer Länge von 30 cm und wird in 10 „Sun“ eingeteilt. Das Wort Shakuhachi selbst besteht aus zwei altchinesischen Wörtern: „Shaku“ und „Hachi“. „Shaku“ ist die soeben erläuterte Maßeinheit von 30 cm und „Hachi“ bedeutet einfach „acht“, wobei damit acht „Sun“ gemeint ist, also 8×3=24.
Somit ist die Shakuhachi ein Maß von 30+(8×3) cm, also 54 cm. Folglich müsste eine um zwei „Sun“ längere Shaku-Hachi nicht Shakuhachi heißen, sondern Shaku-Shaku oder 2xShaku….
Aber das führt zu nichts. Der Name hat sich schon längst von der Maßeinheit verselbstständigt und bezeichnet das Genre der Flöte. Das Instrumentengenre selbst hat eine lange Geschichte hinter sich, wir können hier diese auch nur kurz anreißen.
Die Ur-Shakuhachi
In Japan selbst sind schon lange vor der modernen Shakuhachi verschiedene Bambus-Kerbflöten mit fünf, sechs sogar bis zu 9 Fingerlöchern erschienen. Diese werden als Kerbflöten bezeichnet, weil sie kein echtes Mundstück haben wie wir sie z.B. von der Blockflöte her kennen, sondern lediglich das Rohr an der obersten Kante so angeschliffen wurde, dass eine scharfe Kerbe entsteht. Durch das Anblasen dieser „Blaskante“ wird eine Vibration produziert, welche den Klang erzeugt. Je länger das Rohr, genau genommen der Luftweg ist, desto tiefer wird der Ton. Deshalb werden Löcher in alle Flöten gebohrt, damit man den Luftweg beeinflussen kann, um verschiedene Töne zu produzieren.
Die Shakuhachi hat ihren Ursprung in China und wurde über Umwege nach Japan gebracht. Lange wurde sie nur am Hofe gespielt, dann von Wander- und Bettelmönchen, bis das Instrument in moderner Zeit emanzipiert und zum festen Bestandteil japanischer Musik geworden ist.
Genau genommen wurde die Shakuhachi von China nach Japan Ende des siebenten Jahrhunderts eingeführt. Während der Tang Dynastie (China: 618-719 n.Chr.) wurden diverse chinesische Bräuche und Traditionen nach Japan exportiert. Es wird vermutet, dass die Shakuhachi mit dem chinesischen „Yayue“, die Bezeichnung der chinesischen rituellen und höhere Musikkunst, ihren Einzug nach Japan Ende des siebenten Jahrhunderts fand. „Yayue“ wurde in Japan heimisch und in „Gagaku“ umbenannt. Deshalb wurde die Shakuhachi während der Nara-Zeit (Japan: 710-794 n.Chr.) und Heian-Zeit (Japan: 794-1185 n.Chr.) auch als „Gagaku Shakuhachi“ bezeichnet.
In der Shosoin Schatzkammer (gebaut 756 n.Chr.) wurden acht Gagaku Shakuhachis aufbewahrt von denen mindestens vier eine Schenkung des damaligen Korea waren. Ob die weiteren vier auch vom Ausland kamen, kann nicht mit Gewissheit gesagt werden.
Allerdings waren lediglich fünf dieser Gagaku Shakuhachis aus Bambus. Die anderen waren aus Jade, Elfenbein und Stein, dennoch mit Bambusknotenmuster. Man kann davon ausgehen, dass Bambus als klassisches Material für die Shakuhachis angesehen wurde.
Die Shosoin Shakuhachis hatten sechs Fingerlöcher im Gegensatz zu der modernen Shakuhachi, welche seit dem 14. Jahrhundert lediglich 5 Fingerlöcher hat. Des weiteren waren die Gagaku Shakuhachis gerade mal bis zu ca. 44 cm groß mit einem inneren Durchmesser von ca. 12-16 mm. Über die Shosoin Shakuhachis hinaus ist eine weitere Gagaku Shakuhachi mit sechs Fingerlöchern aus Bambus im Nationalen Museum des Nara Tempels Horyuji erhalten.
Obwohl die Shakuhachis aus Shosoin und Horyuji die ältesten erhaltenen der Welt sind, kann nicht mit Gewissheit gesagt werden, wie sie gespielt und gestimmt worden sind. Die Stimmung der Shakuhachis ist von der Anblas- und Anlegetechnik der Shakuhachi abhängig, worüber jegliches historische Dokument fehlt.
Die Shakuhachi hatte sich noch nicht endgültig entwickelt und war zur damaligen Zeit noch nicht weit verbreitet.
Die Shakuhachi und die Fuke Sekte
Nachdem das Instrument überwiegend ein Hofinstrument war, wurde es ab dem dreizehnten Jahrhundert mehr und mehr von Bettelmönchen gespielt, welche für Almosen herumwanderten. Im sechzehnten Jahrhundert wurde die buddhistische Fuke Sekte des Zen-Buddhismus etabliert. Ihr Name „Fuke“ bezieht sich auf den chinesischen Wandermönch Fuke aus dem neunten Jahrhundert. Dieser sollte allerdings eine Glocke gehalten haben und nicht eine Shakuhachi. Erst sein Student „Chohaku“ versuchte dessen Glockenspiel mit einer Flöte zu imitieren. Das Stück, welches daraus entstand, wird „Kyotaku“ genannt. „Fuke“, als Bezeichnung einer buddhistischen Richtung, erreichte Japan der Legende zufolge durch einen japanischen Mönchen namens „Gakushin“, der bereits im dreizehnten Jahrhundert in China studiert und die Tradition, den Zen zu blasen, zusammen mit verschiedenen Musikstücken (Honkyoku) nach Japan gebracht haben soll.
Anstelle von den bekannten „Sutra“ Hymnen wurde nun der Zen geblasen „Suizen“. Die Priester der Fuke Sekte, die „Komuso-Priester“ (Priester der Leere) wanderten mit ihrer Shakuhachi von Ort zu Ort und wurden als „Fuke-Shu“ bekannt….